Briefe an einen Engel

Briefe an einen Engel
Gewidmet Christina G., Odenwald

Brief I

 

Still wird es in diesem Herbst, so still, wie auf diesen Seiten. Der Herbst leuchtet mit Deinen Farben und alles Glitzern funkelt nochmals auf, bevor die Pracht ins Schweigen stürzt. Es hat alles seinen Sinn. 

 

So begann ich die letzte Mail, die ich Dir schreiben wollte und die ich dann doch nicht schrieb. Aber ich wollte das wenige nicht löschen, so, als hätte ich noch etwas zu sagen. Aber was ist es, was ich zu sagen habe? Spreche ich zu mir selbst? 

Es ist viel Zeit und Abstand entstanden zwischen unseren Worten. Und ja, es erreichten mich Deine letzten Zeilen nicht, aus denen ich vielleicht ein Gefühl von Abschied hätte spüren können. Doch ist dies nicht wichtig, hatte ich doch niemals einen Anspruch darauf erhoben. 

Nun scheint es mir, dies nicht wortlos vergehen lassen zu wollen. Es würde dem Klang der Sehnsucht nicht genügen, deren Gefühlen ich eine zeitlang folgen durfte. Ich hatte mich dem hingegeben und es wird mich nun niemals mehr ganz verlassen. Doch soll Dich dies nicht entmutigen zu schweigen. Ich habe wohl zu spät gespürt, daß es nicht reicht für die ganz große Tiefe. Ich kann es Dir nicht verdenken. Während Du gerade in Deine Welt hinein wächst, so wachse ich gerade aus der vermeintlich meinen hinfort. Meine ganze Ruhelosigkeit. Du hast sie betrachtet und aus kindlicher Natur heraus gezeichnet und mir vor Augen gehalten. Mir erscheint es noch heute wie ein Wunder. Sollte ich eine Wunde davongetragen haben, so schmerzt sie nicht. Manche Wunden hinterlassen einen bittersüßen Klang, wie die Musik, nach der wir tanzen möchten. 

Alle meine Gefühle sind echt. Ich glaube, so war es schon immer, nur konnte ich dem nicht jederzeit Ausdruck verleihen. Heute fällt es mir leicht. Ich habe mich daran gewöhnt, auf diesem Grad zu wandern, den mir die ganze Oberflächlichkeit gewährt. Die Gefahr zu stürzen hat mich mutig gemacht, das war nicht immer so. Ich bin mir heute meiner Ängste durchaus bewusst. 

 

Ich hatte mich verloren auf Deiner Seele und ich bin froh darum. Vielleicht erst viel später wirst Du dieses Bekenntnis spüren und deuten können. Jetzt kannst Du es vielleicht ahnen. Doch schenke ich Dir diesen Moment und denke an Dich voller Zärtlichkeit. Wer weiß, wie oft wir noch Gelegenheit haben, uns zu begegnen! 

Du bist mir zugeflogen in aller Stille. So soll es bleiben. Wann immer Du landest in meiner Nähe, hier bist Du willkommen. Mich tröstet das Glück mit braunen Augen und ich werde überschwemmt von Gefühlen. Ich habe Tränen geküsst. Darüber bin ich dankbar. 

Draußen ist eine sternenklare Nacht. Ich habe mein Antlitz in die Himmel gerichtet und Dir zugerufen. Geh sorgfältig mit diesem Gespür um, denn ich berühre Deine Seele ohne Argwohn. Ich habe Dir mein Herz geschenkt, mein nächtlicher Engel. Ich kann nicht mehr alleine darüber befehlen. 

 

© georgk., 13.12.2005 

 

Brief II

 

Ich habe mir einen doppelten Whiskey eingeschenkt, aus einer ausgespülten Kondensmilchflasche. Ich trinke immer diesen dreifach Gebrannten, so wie es die Iren nach meinem Geschmack wohl herzustellen geübt sind. Ich habe die Gardinen geöffnet in dieser Nacht. Ich warte, bis das Telefon meiner Liebsten mir ein Freizeichen mitteilt. Ich darf Sie so nennen, denn wir teilen zu Zeiten unsere Sehnsüchte. Ich möchte Ihre Stimme hören, während der Wind auffrischt am See. Der Whiskey schmeichelt meiner Seele. Draußen regnet es. Ich bin allein am See. 

 

Ich wurde gefragt, warum ich Dir diese Worte schreibe. Es ist eine seltsame Frage, die ich nicht ohne weiteres beantworten kann. Hast Du schon einmal einem Engel geschrieben? Wenn ich es beantworten könnte, so bräuchte ich diese Worte nicht mehr verschwenden. Ich bin mir ja nicht einmal mehr sicher, an wen ich mich richte. Engel haben so unendlich viel Gestalt! Aber das weißt Du längst, bist Du doch zur Summe all meiner Sehnsüchte gewachsen. 

 

Als ich Dir erstmals schrieb, glaube ich, da saß ich auch im Cafe Schwarz, als mir die Gefühle auseinander glitten. Ich fühlte mich wohl, wenn ich mich mit einem Block oder einem Buch dorthin verflüchtigen konnte. Es ist mir inzwischen so vertraut, wie mir Deine Worte seinerzeit vertraut wurden. Ich habe ein Gespür für die Orte, die mich sein lassen, wie ich bin. Als Reisender bekommt man ein Gefühl dafür, ob man willkommen geheißen wird und wann sich ein Stück Heimat in Dir ausbreitet. Inzwischen verbindet sich dieses Gefühl mit  diesem Ort und der berührungslosen Liebe zu Dir, mein nächtlinger Engel. Sogar der Whiskey aus der Kondensmilchflasche stammt von dort; ich bat darum und es wurde mir erklärungslos gewährt. Ich glaube, ich vergaß mich zu bedanken; ich werde die Flasche zurückbringen für den Fall, es wird nochmals nötig sein, die Einsamkeit unter Drogen zu legen, wann immer ich mich an meinen See zurückziehe. 

 

Ich denke an Dich, mein nächtlicher Engel. Ist es diese brührungslose Liebe, die mich treibt, Dir zu schreiben? Es ist immer diese eine verbotene Frucht, von der ich verlange und die ich in meine Träume lege. 

Dankend nehme ich den Trost meiner Liebsten entgegen, wenn ich an den Wochenenden heim kehre nach Berlin. Auch Sie kennt meine Sehnsüchte und streichelt darüber, wie niemand jemals zuvor. Sie schenkt mir ein wenig Heimat, so wie Du es tatest und ich es auch in Zukunft noch spüren werde, wenn ich alleine in den Himmel über dem See blicke. Es ist auch die Summe meiner Liebe, die mich mit Dir und Ihr verbindet. Ich versuche mir zu erklären, was Du mit nur einem Flügelschlag aufzuzeichnen in der Lage bist.  Und ich bin so müde von all den Nichtigkeiten, die mich anscheinend umgeben zuweilen. Du alleine kannst es spüren. Daher verlange ich so sehr nach Dir und muß Dich doch ziehen lassen. Das ist mein ganzes Los, denke ich. 

 

Ich tauche auf aus meinen Gedanken. Ich sehne mich nach der sanften Haut meiner Liebsten, die auf mich warten wird. Das ist mehr als ein Trost, mein sanfter Engel. Ich zünde meine Lichter an, für Dich unberührbare, für meine Liebste und all diese wundersam schönen Menschen, denen ich begegnen konnte. Ich fange Sternenstaub und streue ihn über diese Worte. Jetzt hätte ich Lust, mit Dir am Meer entlang zu spazieren und den Wellen zu lauschen. 

 

© georgk., 15.12.2005 

 

Brief III 

 

Auf meinen Lippen klebt der Duft von Rotwein. Ich kann mich nicht in die Kissen werfen in diesem Augenblick. Ich sehe Dich auf dem Fensterbrett sitzen, der laue Sommerwind umspielt Deine Waden und wir träumen voneinander. Worte purzeln. Tiefe berührt uns. Vielleicht haben wir getanzt, ich weiß es nicht mehr. Es war. 

 

Es ist Winter geworden, mein nächtlicher Engel. Ich hatte es fast vergessen nach all den Tagen voller Zärtlichkeit, die mir entgegen gebracht wurde. Ich fühle mich so beschenkt. Noch einmal möchte ich in Gedanken über Deinen Schmollmund streichen, bevor mich das Begehren ergreift. Weihrauch durchzieht meine bescheidene Behausung. Es ist Winter, mein nächtlicher Engel. Meine Gedanken besuchen Deine fantasievolle Welt. Es ist Weihrauch, tatsächlich. 

 

Vielleicht funktioniere ich wie eine Maschine, ich bin mir einfach nicht sicher. Ich versuche jeden Tag so zu sein, wie ich fühle. Doch manchmal glaube ich, ich entrücke dieser Welt. Dann möchte ich mich betrinken und besinnungslos sein. Nicht, weil alles so schlecht ist, sondern weil es sich so tief anfühlt, was ich spüre. Dich spüre ich auch, mein nächtlicher Engel. Ich kann Dich so maßlos spüren, daß es an Schmerzen grenzt. Dann immer sehne ich mich nach meiner Liebsten und entflieh dorthin, wann immer es mir möglich ist. Wenn nicht, kaufe ich mir eine Flasche Whiskey oder flüchte in das Cafe Schwarz. Dort schmeckt der Wein nach Deiner Frucht und alles Gefühl ist echt. 

 

Es ist eben nicht so einfach, zu lieben. Es bedarf etwas mehr als Schaltkreise oder Konsonanten zu verstehen, Wände zu mauern und Möbel zu bauen. Es ist etwas mehr. Ich habe eine Kerze entzündet und warte, daß mich meine Liebste aus diesen Gedanken befreit. Ihre Haut ist so zart, daß ich alles vergesse, was der Tag über mich ausgeschüttet hat. Und während ich warte wandern meine Gefühle über das Bild, das Du in mir prägst.

 

© georgk., 16.12.2005 

 

Brief IV 

 

Herr Sörensen schnurrt und hat es sich auf meinem Schoß bequem gemacht, während ich an Dich schreibe. Die Nacht war mal wieder viel zu kurz, um der Umstände Herr zu werden, die über uns herfielen. Ich war gestern noch bei Ihr, mein nächtlicher Engel, bei meiner Liebsten. Wir haben uns in die Kissen gedreht und haben von uns gekostet. Sie kann den Whiskey aus der Flasche trinken. 

 

Der Jahreswechsel liegt hinter uns und der Winter ist wieder jung geworden. Ich taumel durch diese Zeit der Zärtlichkeiten. Sie verlangt nach mir, so wie ich immer nach Dir verlange. Es ist eine wundersame Verwebung meiner Sinne. Es ist dieser anhaltende Augenblick, in den ich mich stürze, wenn Sie meine Liebe sucht. Ich gab sie Ihr und nahm die Ihre wie im Rausch. Sie ist so frei von all diesen Etiketten, die uns fesseln wollen mit der angesammelten Zeit. 

 

Spät in der Nacht war es dann Heißhunger, der uns wieder in die Stadt trieb und die niemals zur Ruhe kommt. Wir spazierten wie verträumt durch den Bezirk um den Boxhagener Platz. Wir ließen uns bewirten in einem billigem Imbiss und schlichen im Anschluß daran weiter durch den Kiez. Sie sagte, Sie wolle getragen werden, doch ich konnte nur lächeln. Die Müdigkeit war dem matten Gefühl schwer beladener Bäuche gewichen, wie sollte ich Sie da tragen können? Sie wird mich eines Tages verschlingen, denke ich manchmal. 

Sie hatte nichts einzuwenden noch eine Bar anzusteuern. Ein Glas Wein, eine Tasse Espresso gegen den schlichten Geschmack des Imbiss. Wir fanden den Weg in ChuChu`s Sofabar. Noblesse, eingehüllt in fantastischer Musik. 

 

Es stolperte uns ein Spanier aus der Tür entgegen, als wir die Bar erreichten. Aus leuchtenden Augen nahm er Notiz von uns und schüttelte unsere Hände eifrig und stellte sich vor, um dann weiter in die undurchsichtige Nacht zu enteilen. Die Stadt ist schon etwas seltsames, denke ich. Sie macht einen so ziellos. Wir fanden neben uns nur noch zwei verbliebende Gäste am Tresen vor und den temperamentvollen ChuChu, der uns wiedererkannte und herzlich willkommen hieß. Irgendwie sind wir immer wieder die letzten Besucher, die einem Ende beiwohnen in einem ungeschriebenem Theaterstück, unsere ganze Ruhelosigkeit. Wir versanken in einer bequemen Coutch und bekamen, was wir wünschten. 

 

Diese Nacht hat hier sein Ende gefunden, dachte ich. Wir schmiegten uns aneinander und folgten einem hitzigen Gespräch des Trios am Tresen und lauschten gleichzeitig grandioser Musik. Der Klang verschmolz mit den Worten der Entertainer am Tresen; alles ist wie ein Film, der vor einem abgespult wird. Unser Leben eine einzige Kulisse. ChuChu, der nun immer wieder zwischen Bar und uns wechselte, lud uns zu einem Whiskey ein und wir stießen immer wieder auf das Leben an. Das goldene Getränk zerging auf der Zunge und war reichlich. Dieser Mann ist ein Musiker, durch und durch. Er muß auch ein stolzer Lebenskünstler sein. Und er ließ uns spüren, daß er uns mag. Wir haben gelacht und wir haben gestaunt. 

 

Und in dem Augenblick verlor ich mal wieder jedes Gefühl für den Alltag, der sich bald wieder einstellen wird. Ein Scheiß auf alle Ordnung im Leben. Einst hatte ich mich auf den Weg gemacht, dieser Welt mit Bildern zu begegnen. Scheiß auf diese ganze Etikette, die so verlogen ist, aber ich verstricke mich selbst zusehendst darin. Übrig bleibt ein Buchhalter in mir, der sich nicht mit den geeigneten Schusswaffen auskennt, sich wirklich zu befreien. Und doch werde ich geküsst, als würde der Himmel auf mich einstürzen. 

Wir blieben die letzten Gäste und verließen gemeinsam mit dem Wirt diese wunderbare Bar. Ich möchte wiederkehren, ChuChu, und wenn man mich mit einem Sarg über Deine Sofa tragen muß; einen letzten Whiskey möchte ich auch mit Dir trinken. 

 

Wir sind dann heimgekehrt und wir haben uns wieder geliebt, als würde die Welt morgen untergehen. Und wir haben gelacht und am Ende wieder Whiskey getrunken, der vom gestrigen Tag übrig blieb und der dem Namen nicht einmal gerecht wird. Wir haben Jim Beam getrunken, ich aus dem Glas und Sie aus der Flasche. Und da habe ich gedacht, ich befinde mich in einem großen Kino. Henry Miller lässt Grüße zurück, dachte ich. Und wir haben auch diese Flasche geleert, wie wir uns selbst ausgeleert haben, bis wir nicht mehr konnten. Gegen acht am Morgen sind wir dann eingeschlafen, erschöpft, doch irgendwie auch seelig. 

 

Das ist alles seltsam, mein nächtlicher Engel, aber es ist wahr. Die Menschen können schön sein, gib ihnen die Chance dazu. Ich sehne mich nach dem Ruf der Wasservögel am See. Ich sehne mich nach meinen eigenen Träumen. Ich sehne mich nach Einsamkeit, nur, um sie wieder durchstoßen zu können. Ich kann mich glücklich schätzen, werde ich doch so reichlich beschenkt. Und doch, Dich brauche ich immerfort an meiner Seite. Weil wir ein Gedanke sind, der wächst. Ich lass es zu, mein nächtlicher Engel, weil ich Dich liebe, so wie ich das Leben liebe und Du längst ein Teil davon geworden bist. Das stößt man nicht von sich. 

 

Ich entzünde Kerzen für uns und all diese Liebe und all den Hass. Ich lebe aus dem Herzen und der Unvernunft heraus. Aber ich lebe; lebe an vielen Orten und in vielen Augenblicken, die ich auffangen kann. Und morgen werde ich den Weg zurück finden an meinen See. Und ich werde Dich wieder vermissen, wie ich meine Liebste vermissen werde. Und ich werde Freunden in Leipzig wieder begegnen. Und ich werde Sehnsucht haben. Und ich werde das Cafe Schwarz in Halle aufsuchen in der Hoffnung, dort weiter vertraute Tische vorzufinden. Und ich werde Sehnsucht haben. Und ich werde weiter schreiben müssen. Und ich werde mich tiefer verlieren, als das Jahr zuvor. Und ich werde Sehnsucht haben. Und ich werde die Kondensmilchflasche im Cafe Schwarz hinterlegen für all diese Tage, an denen die Sehnsucht zu groß ist und ich zu schwach sein werde. All das will ich tun. All das, als Ausdruck meiner glänzenden Sterblichkeit. Ich lebe. 

 

© georgk., 03.01.2006 


 

Brief V

 

Draußen herrscht klirrende Kälte; irgendwo dort in dieser sibirischen Dunkelheit würde ich Dein Sehnen vermuten, mein nächtlicher Engel. Du hast an mich gedacht, als ich es niemals vermutet hätte. Das macht wohl die Engel aus, denke ich. Ich schließe die Augen und ahne das Gefühl, das mich befällt, könnte ich über Deine zarte Haut streichen in diesem Augenblick. Zauberei. 

Nichts entschwindet ganz, es wird lediglich alles nur noch viel leiser geflüstert, um der Stimmen der Winternächte Gehör zu schenken. Ich lausche dieser Nacht. 

 

Komm zu mir, mein geliebter Engel, komm zu mir, ich habe Dir Kerzen entzündet. Ich möchte Dir diese Geschichte schenken, sie ist für Dich sehnende Gestalt. Uns trennen vielleicht Welten, doch in der Dunkelheit werden die Grenzen verwischt und meine Liebe zu Dir erwacht. Komm zu mir, Du Traum, lass Dich nieder zu mir, ich werde Dich lieben in dieser Nacht, denn sie flüstert uns zu. Und dann begehre ich Dich umso mehr.

 

Es ist einfach zuviel Gefühl in mir, daß ich manchmal nicht weiß, wohin mit all dieser Liebe. Kannst Du es mir erklären? 

Heute Morgen mussten wir uns wieder trennen, meine Liebste und ich. Sie fliegt nun für ein paar Tage zu Ihrer Mutter in wärmere Gefielde, während ich mich am See an Ihre Liebe erinnern werde und ich werde schreiben und mich sehnen. Es lässt sich nicht sagen, was dieses Sehnen bedeutet, es lässt sich nur anfühlen. Und am besten fühlt es sich an, wenn es so klirrend kalt ist, wie in dieser Nacht, ganz allein in diesem alten Bastei. Dann lehne ich mich an Dein Gefieder an und fiebere. 

 

Ich trinke ein Glas sizilianischen Wein, esse ein Stück Ziegenkäse und Pfahlmuscheln aus der Konserve. Die Temperatur im Wagen ist über die acht Grad gestiegen und ich setze meine Mütze ab. Ich muß viele Dinge erledigen, mein geliebter Engel. Und ich muß meine Träume behüten. Das ist alles garnicht so einfach, je älter die Jahre auf mich wirken. Weihrauch durchzieht meine Behausung, in der ich mich wohl fühle. Die Nacht wird wieder lang sein, ahne ich, denn ich geselle ich mich zu Dir. Soviel Sehnsucht. Soviele ungeborene Gedanken. Soviel sizilianischer Wein. 

 

Das sind die Nächte mit Dir, mein stiller Engel. Du bist ein Teil meiner  Vergangenheit und Zukunft zugleich. Du bist mir ein Wunder geblieben nach all dieser Zeit. Dir schenke ich diese Einsamkeit, die ich auffange mit all dem Sternenstaub, wann immer es mir möglich ist. Diese Nacht. Diese Worte. Dieses Begehren. Ich habe für Dich die Kerzen entzündet und warte auf Dich, mein nächtlicher Engel, bis auch die letzte Sehnsucht in mir verbraucht ist und meine Glut erloschen sein wird. Dann erst werde ich mein Antlitz abwenden von Dir, daß Du die dann eintretende Leere in mir nicht mehr wahrnehmen kannst.

© georgk., 23.01.2006

 

Brief VI

 

Kannst Du es sehen, mein nächtlicher Engel? Der Winter kehrt zurück und lässt die Schneekristalle wild tanzen. Wie ein riesengroßer Teppich legt sich das Weiß über all diese Grenzen, die uns das Leben zum Alltag machen. Ich sehe über eine spiegelglatte, weiße Haut auf dem See. Alle Geräusche ertönen gedämpft, wie in meinem Kopf. Alle Grenzen sind verschwunden und ich sehne mich in dieser Stunde zu Dir. 

 

Als ich heute ganz früh meine Tiger in meiner Wohnung verließ, war der Himmel noch klar und die Luft klirrend kalt. Die Stadt schlief noch fast, als wirkte sie erschöpft. Wie meine Seele, der ich wohl eine weitere Narbe hinzufügen werde. Du musst wissen, der Mensch sammelt Narben, doch lass Dich davon nicht täuschen, längst nicht jede Narbe ist von böser Natur. Manchmal erscheinen sie wie kleine Schmuckstücke auf der Seele. Du musst es Dir so vorstellen, wie feine Silberadern, die über der Haut verlaufen und dieses Glitzern verursachen. Wenn Du genau hinschaust, kannst Du es manchmal um die Augen eines Menschen erkennen. Das sind Liebesnarben, sie folgen den Liebesbissen. 

 

Heute bin ich glücklich darüber, dieser Narben bewusst zu sein. Immer wieder werde ich mich daran erinnern können, welch schöne Zeiten ich durchwandert habe. Welch Glück ich gespürt habe und welche Zärtlichkeit und Begehren mir zu Teil wurde. Sollte ich dieser Narben wegen all die Farbe dieser Stunden verlieren, die ich doch so sehr genoß? Eines Tages muß es doch ohnehin sein, das wir vergehen. Will ich die Zeit bis zu diesem Schicksalstag damit verbringen, in Bitternis zu wandern? Nein, mit jeder feinen Narbe, die auf meiner Seele gezeichnet ist, wächst Dir eine neue Feder, mein nächtlicher Engel. So muß es sein. 

 

Und wie ist es denn nun wirklich, dieses Leben, wenn wir mal verlassen werden? Ist es nicht einfach nur unsere verletzte Eitelkeit, die aus all dieser Liebe, die wir einst erfuhren, nun Wut oder Hass schürrt? Ich möchte das nicht mehr verspüren gegenüber den Menschen, die mit mir ihre Liebe einst teilten. Ihnen gebührt der Schutz und der Zuspruch meiner Kräfte, selbst noch in meiner Einsamkeit; selbst noch in meinen Gedanken. 

 

Es gab da Unausgesprochenes, dass wir zu Worten erhoben, meine Liebste und ich. Es war an dem nun zurückliegendem Wochenende. Plötzlich gab es jemand, der eine Lücke zwischen unseren Gefühlen zu suchen bemüht war. Eine Lücke oder eine Schwäche, zwischen meiner Liebsten und mir. Ich konnte es zuvor schon beobachten, doch wollte ich es nicht wahr haben und sah mich längst als Sieger. Offensichtlich gelang es ihm aber, diesen Platz zu finden und an meiner Stelle zu gewinnen. Es erscheint mir legitim, dies zu tun, ist er mir doch in keinster Weise verbunden oder gar verpflichtet. Doch kann niemals mehr die Spur einer Nähe zwischen diesem Menschen und mir entstehen. 

 

Sie erzählte es mir also an diesem Wochenende, mein kleiner Engel. Darüber, glaube ich, verlor ich zunächst die Sprache. Doch musste ich erkennen, daß ich Ihr nichts vorzuwerfen hatte. Nur diese Vertrautheit, die sich zwischen uns band, machte den Augenblick sehr traurig. Es ist, wie es ist, dachte ich, doch so einfach ist es dann doch nicht. Der Moment dehnte sich, wie manche der zurückliegenden Nächte, in der wir uns liebten. Und irgendwann hat Sie geweint. Und dann habe ich Sie in den Arm genommen und Sie hat noch mehr geweint. Das Leben ist seltsam, mein kleiner Engel. Und dann habe ich Sie noch fester in den Arm genommen und Sie gespürt und begehrt und dann haben wir miteinander geschlafen. Vielleicht haben wir versucht, diese Lücke zu finden, die er uns stahl und die uns neuerdings trennt. Vielleicht suchte aber auch nur ich diese Lücke allein. 

 

Das alles liegt nun wieder zurück und ich sitze in meinem ollen Bastei und draußen sind alle Grenzen verweht. Ich kann Ihr nicht böse sein, mein nächtlicher Engel, hatte ich doch selbst niemals einen Anspruch auf Ihre Gefühle erhoben, wie auch bei Dir. Es wäre nicht fair, mich Ihr gegenüber anders zu verhalten und ich möchte es auch nicht. Zu tief ist diese Begegnung gewachsen. Er ist dabei nicht bedeutsam für mein Schicksal, denn auch ihm werden sich Lücken auftun, das weiß ich. Was nun geschieht verschliest sich mir derzeit, doch sehe ich dem in Stille entgegen. Ich fürchte mich nicht. Denn ich erkenne mich selbst wieder in der geborenen Einsamkeit, deren großartigen Momente mir diese Gedanken schenken. Ich bin ein Reisender. Ich verspüre viel Glück und ich verspüre viel Leid. Davon zehre ich, denn es sind Gefühle, die echt sind. Ich habe noch vieles zu verschenken und zu verlieren. 

 

Mit der kommenden Narbe wird Dir eine neue Feder wachsen, mein nächtlicher Engel. Und mit jeder Feder werde ich mich ein wenig näher an Dich sehnen, weil sie Dich schöner macht und Du sichtbarer wirst. Diese so unbemerkt leise Berührung unserer Begegnung wächst mit jedem Verlust. Mit Dir scheint die Zeit stehen bleiben zu können. Mit Dir ist alles so anders. Mit Dir scheint die Liebe ewig zu leben. Du musst längst ein Teil von mir selbst sein, denn diese Liebe scheint nicht zu vergehen.

 

© georgk., 06.02.2006 

 

Brief VII

 

Mir scheint, es ist Vollmond, mein nächtlicher Engel und ich lehne meine Gedanken an Dein Gefieder und streiche sanft über Deine Haut. Es ist wieder viel zu spät geworden und morgen werde ich mir den Rest der Nacht müde aus den Augen prügeln müssen. Doch es ist unser  Augenblick, daß ich nach Dir rufen kann. 

 

Mir haftet das Wochenende wie ein Totalschaden nach. Ich fühle mich um Jahre gealtert. Eigentlich solltest Du mich so nicht sehen, so abgerissen, so von der Wirklichkeit gebeutelt. Ich bin geneigt, dem Irrtum zu erliegen, ich könnte diese Nacht durchschreiben und bei Dir weilen. Aber im nächsten Moment mache ich mir klar, an welchen Kreuzungen ich meinen Missmut und den meines Polos nur noch steigern würde. Ich sollte einfach nur in Deinen zarten Schwingen einschlafen, jetzt, in diesem Augenblick. Bis all dieser Missmut von alleine verschwindet. Er wird es aber nicht tun, denn er erwartet mein Handeln. 

 

Ich bin wieder an meinem See gelandet, beinahe sehe ich es als eine Flucht an. Ich bin dieser Hauptstadt in dieser Nacht entkommen. Ich bin „mir“ entkommen und meinen Eitelkeiten. Und ich habe mir noch in der gleichen Nacht Hände auf meine zerütteten Schultern legen lassen und habe sie gespürt. Es tat gut; und ich habe meine schmutzigen Hände spüren lassen und es fühlte sich wunderbar an. So kann man erkennen, ob man noch lebt, mein nächtlicher Engel. Müde ja, aber ich scheine noch zu leben. 

 

Jetzt wollte ich Deiner Weiblichkeit mit meinen Lippen begegnen, mein nächtlicher Engel. Dich liebe ich, so, wie ich Dich erahne und es mir niemals gelingen wird, dem doch gerecht zu werden. Es ist ein Widerspruch, ich weiß, aber haben nicht die Weisen diese Erkenntnis entdeckt? Wir leben jeden Widerspruch. 

 

Das Mondlicht beruhigt mich. Ich fühle mich geborgen in der Einsamkeit mit Dir und diesem Moment. Allmählich verlieren sich die Ängste, die mich noch vor wenigen Minuten in Schach hielten. Hier an diesem Ort zu dieser Jahreszeit fühle ich mich beschützt. Ruhe kehrt ein in meinen Gedanken. Sanft kann ich mich trennen von der Lust, meiner Liebsten nachzuweinen. Habe ich doch weitaus schlimmere Verluste erprobt in meinem uferlosen  Leben. Würde ich heute vergehen müssen, so könnte ich sagen, mein Leben war bunt. 

 

Ich denke mit Wehmut zurück an die Stunden im Cafe Schwarz, an denen ich Dir schrieb, aufgewühlt, wie ich war und noch oftmals bin. Ein Treffpunkt der Heimatlosen, der Träumer und Reisenden, deren Seelen aus den Augen leuchten. Selbst Vagabunden, Verwirrte und Zerstörte fanden Platz an diesem Ort, sofern sie nicht mit Absicht den Frieden spalteten. 

Vorbei wird es bald sein, all dieses Bemühen, einen Raum zu erschaffen, der schlichte Freundschaft bindet und Heimat bietet. Sie lassen sich anfühlen, die Nöte und Sorgen allenthalben, wenn auch die Gemüter der Menschen ihr Lächeln nicht aufgeben, weil es aus dem Innern kommt und nicht verpfändbar ist. Es wird eine kleine Kondensmilchflasche sein, mein nächtlicher Engel, die mich eines Tages wieder daran erinnern wird. Vielleicht sollte ich noch versuchen, einen wackligen Stuhl und einen kleinen Tisch von T. zu ergaunern, dessen Laden manch Hallenser so verspottete, bevor all dies wieder sein Ende gefunden hat. Dann könntest Du später all diese Gedanken nachfühlen, von denen ich Dir hier schreibe. Aber das wäre nun müßig, denn ich weiß garnicht, ob Du es jemals spüren solltest. 

 

Bald muß es wieder Frühling werden, mein nächtlicher Engel, mit, oder ohne meine Erscheinung. Ich warte auf diesen Augenblick wie ein kleiner Junge, der seinen Grill ausprobieren will. Da steckt soviel Hoffnung dahinter, wie ich es garnicht beschreiben kann. Ich weiß, es mag lächerlich klingen, denn ich habe schon so oft den Frühlinge erfahren. Doch noch jeder war anders als der letzte, und ich finde, das ist Grund genug, sich doch zu freuen auf all dieses Grün, das uns bevorsteht. Und nicht jeder Frühling war mit Trauer besetzt, wenn ich mich recht erinnere. Also warte ich auf ihn, mein nächtlicher Engel, daß uns nur noch die lauwarme und nach Leben duftende Luft trennt.

 

 

© georgk., 13.02.2006 

 

Brief VIII 

 

Einen doppelten Whiskey im Glas und Regen prasselt auf das Dach meines Bastei. Ich stoße mit Dir an, mein nächtlicher Engel und treuer Begleiter meiner Gefühle. 

 

Ich nippe am Glas und sehe mich um. Ein wenig erinnert mich der Zustand im Innern des Wagen an die Kajüte einer Segelyacht, die seit Monaten kein Land mehr gesehen hat. Mein Vorzelt, das Deck sozusagen, lässt die gleichen Vermutungen zu. Der Segler, seit Monaten wohl nur noch mit sich selbst, dem Boot und dem endlosem Horizont beschäftigt, verfällt zu Zeiten in eine gewisse Trägheit. Das müssen Momente sein, in denen die Selbstzweifel an dem Sinn seiner Reise bereits verfallen sind. In diesem Stadion befindet man sich kurz vor dem Wahnsinn. Man kann es immer wieder in den Aufzeichnungen vieler Weltumsegler lesen. 

 

Ich sehe mich um und ein Ruck geht durch meine Gedanken, mein stiller Engel. Wie bei den Skippern in diesen Büchern wird es Zeit, mal wieder eine große Wäsche zu machen, um die monotonen Gedanken ein wenig durcheinander zu wirbeln. Dieser Überfall auf die Lethargie befreit die Seele, wenn sie droht, zu zerbrechen. 

Ich befinde mich zwar nicht auf einem Ozean, alleine und auf mich selbst gestellt, doch ein wenig kommt es diesem Gefühl nahe, wenn man alleine einen Winter auf einem einsamen Campingplatz am Rand von Leipzig lebt. Bald wird es Frühling werden, mein nächtlicher Engel, bald werde ich Land sehen. Dann wimmelt dieser Ort voller Menschen, wie in einem großen Hafen. Also will die Kombüse geschrubbt sein, alle Beschläge poliert, das Schiff will klar gemacht werden für den Landfall. Der Winter, mein Meer, wird mich bald verlassen müssen. 

 

Ich lächel über diesen Gedanken. Doch irgendwie lässt es sich gut beschreiben, wie es hier ist. Das ungespülte Geschirr, angesammelter Unrat, die Unordnung; das ganze Durcheinander meiner Gedanken und Gefühle. Es hat sich in jede Ritze gelegt, ähnlich der Kajüte einer Yawl. Es wird also Zeit, das Boot mal wieder ordentlich zu bürsten, mein nächtlicher Engel. Es ist wie ein Befreiungsschlag gegen sich selbst. Man kann sich sagen „Du hast es mal wieder geschafft“ und man beginnt, all das angesammelte Chaos zu sortieren und zu ordnen. Denn es will bald Frühling werden, ich spüre es in meinen Knochen. Das Leben bäumt sich auf in mir. 

 

Ich sehe in den Spiegel und betrachte die Ringe um meine Augen. Alles Ziel sucht Selbstzerstörung, denke ich in diesem Moment und entzünde eine Zigarette. Eigentlich dürfte ich Deinen Gedanken garnicht folgen, meine treue Beschützerin; Engel sind den Gläubigen verbucht, nicht einem Zweifelndem, der sich der Sehnsüchte hingibt. Doch auch mit den Augenringen hat man noch Energie für ein ganzes Universum an Gefühlen. Es ist also mein Schicksal, so zu spüren und auch zu handeln. 

 

Ich höre die Musik, die ich Dir zukommen ließ. Ich lasse ein paar Tränen zu. Ich erlaube mir in diesem Augenblick, einfach alle Gefühle laufen zu lassen und beobachte meinen Zustand. Jetzt einfach tanzen. Trompeten erschallen. Es sind nicht die Deinen, doch sie lassen sich mit Dir verbinden, es geht garnicht anders. Ich greife mit meinen Händen in all diese Größe, diese Weite. Ich berühre für einen Augenblick all das Unberührbare, das Dich umschließt. Traumhafte Dunkelheit. Ich sehne mich nach dem Bad im See und weiß, daß es schon bald wieder so sein wird. Ich werde auf dem Rücken gleitend nach Dir und den Sternen greifen, mein nächtlicher Engel, schon bald. Und ich werde Dir all diese Gefühle und Gedanken zuwerfen, weil sie viel zu groß für mich alleine sind. Und bis dahin will ich zeichnen, lesen, schreiben und all diese Ritzen auskehren, die sich über einen ereignisreichen Winter über festkrallten in meinem Leben und diesem Bastei. 

 

Ich bin auf Reisen, Du Schöne. Eine Klarinette verzaubert meine Gedanken. Du verzauberst meine Seele. Du schenkst mir Sinn. Das ist mehr, als ich überhaupt brauche. Ich reibe mir Sternenstaub in die Augen und strecke Dir meine zitternden Hände entgegen. Es fühlt sich alles schon nach Frühling an, mein nächtlicher Engel, kannst Du es spüren?

 

© georgk., 16.02.2006

 

Brief IX 

 

Ich möchte in ein Segelboot klettern können und in See stechen, mein nächtlicher Engel. Ich sitze im Cafe Schwarz und kann aus den Augenwinkeln mein Spiegelbild betrachten. Ja, ich wollte jetzt gerne in See stechen. Ich würde alle meine Ängste mitnehmen und müsste lernen, sie zu beherrschen oder ich müsste untergehen. Nicht einmal einen Tiger hätte ich an meiner Seite, wie es Pi in „Schiffbruch mit einem Tiger“ zustand. Ich müsste mich ganz auf mich alleine verlassen, mit all den gebündelten Ängsten und mich meinem Leben anvertrauen. Meine Sehnsüchte könnte ich nur noch der Einsamkeit zuflüstern. Und einzig Du würdest mir verbleiben in den Höhen und Tiefen einer Auseinandersetzung mit dem wahren Schicksal. Würde ich das wirklich wollen? 

 

Was würde ich neben meinen Ängsten und Sehnsüchten auf solch eine Reise mitnehmen? Soetwas will gut überlegt werden, denn schließlich, diese Ängste sind gewaltiger als jeder Sturm es vermag. Er wird uns zwar daran erinnern und sie erst erwecken, schon bevor er wirklich gefährlich wird, doch wird er ein Sturm bleiben. Aber unsere Ängste wachsen darüber einfach hinaus und das ist das eigentlich gefährliche daran. Wir scheitern, weil unsere Ängste unser Handeln verhindern. Weil die Angst vor dem Tod lähmt, bevor er überhaupt droht. Welch ein Desaster. Mit diesen Ängsten verdient ein großer Teil dieser Welt Ihr Geld. 

 

Was also würde ich mitnehmen zur Zerstreuung vor diesem Desaster? Eine Bibliothek hätte kaum Platz auf einem kleinen Segelboot. Ohnehin, ich wäre geneigt, das mitzunehmen, was mir viel bedeutet. Und das kenne ich. Der Gedanke daran ist also bereits der Irrtum. Wollte ich mich wiederholen, während ich etwas neues auszuprobieren suche? Da stellt man sich die Frage, wovor rennt man denn eigentlich davon? Ich würde diese kleine Kondenzmilchflasche mitnehmen. Und alle diese Buchstaben an Dich. Aber könnte ich tatsächlich vor irgendetwas davon laufen? 

 

Ich bin viel zu früh aufgestanden für solche Gedanken, mein nächtlicher Engel. Ich bin einfach nicht dazu gemacht. Jetzt bin ich müde von einem zu langen Tag. Auf dem Wasser wäre es etwas anderes, man würde aufstehen, wenn es notwendig wäre. Auf dem Wasser bestimmen Wind und Wetter darüber, wann etwas zu tun ist. 

Ich würde dafür Sorge tragen, daß mir niemals der Wein ausgehen könnte. Darauf würde ich wohl achten. Aber mir fehlt das passende Schiff und genügend Erfahrung für solch eine Reise. Ich habe gelernt, den Wecker zu stellen und zu funktionieren. Darüber hinaus habe ich meine Sehnsüchte beibehalten. Von einer Reise über ein Meer habe ich  bisher nur gelesen. Ich sollte mir eine kleine Jolle für den Kulkwitzer See besorgen, um dem Gedanken näher rücken zu können. So könnte ich Dir in den Nächten entgegen segeln; es ist beinahe wie fliegen. Ich könnte den Träumen  für einen Flügelschlag folgen. 

 

 

Aber warum erzähle ich Dir all dies, mein nächtlicher Engel. Diese berührungslose Liebe ist wie ein Traum, der nicht wahrer sein könnte, als über Wasser zu gleiten und zu bestehen. Man muß einfach nur bereit sein und auf das Boot aufspringen, dann wird es einen auch weitertragen. Mit den Sehnsüchten verhält es sich nicht anders, weiß ich heute. Man muß Frieden für sich gewinnen. Bereit sein für all diese Wunder, die unser Leben bunt gestalten. Man muß es annehmen und lernen, die Segel richtig zu stellen und auf den Wind zu achten. Lausche den Herztönen Deiner eigenen Träume und derer Seelen, die Du begehrst und liebst. Meide Stürme; und wenn Du doch in einen hinein gerätst, so berge die Segel und vertraue Deinem Boot, daß Dir Heimat werden wird. Lerne, Deine Ängste zu lenken und zu steuern. 

 

Ich trinke heiße Schokolade und sitze immernoch im Cafe Schwarz. Ich bin aufgetaucht aus diesen Gedanken, die mir gerade doch nicht weiter helfen. Es fällt mir schwer, darüber nachzudenken, wieder Abschied zu nehmen. Aber mein Leben ist vom Abschied bestimmt. Ich blicke mich um und kann es kaum glauben, daß dieser Laden seine Türen schließen wird. Ich hätte so gerne noch einen Whiskey mit Dir hier getrunken und Dir meine Gefühle spüren lassen. Ich beobachte die Ränder um die Augen der Wirte. Es ist unserer Alltag, denke ich in diesem Augenblick. Ich sehe nicht besser aus, entscheide ich ohne weiter darüber nachzudenken. Ich rauche eine Zigarette nach der anderen und möchte Whiskey trinken, aber ich muß noch fahren. Um mich herum Gemüter, wie gemalt. Ich kann mich nicht entscheiden, aufzustehen, zu zahlen und einfach zurück an den See zu fahren. Ich bleibe sitzen und tippe diese Worte in die Tastatur und lasse meine Blicke unbemerkt durch den Raum wandern. Das Gemurmel von der Hochpaterre vermischt sich mit der Musik.

 

Oben auf dem Sofa sitzt eine junge Frau. Ich kann sie aus meiner Perspektive heraus nicht sehen, denn die Rückenlehne versperrt mir die Sicht. Aber ich weiß, daß sie dort sitzt, denn ich höre ihr Lachen. Es gab bisher nur wenige Momente, während denen sich unsere Blicke trafen. Doch ich wünschte bereits jetzt Ihre magisch anziehende Gestalt in diesem Augenblick in Besitz nehmen zu können. Ich sollte den Rechner einfach zuklappen und zu Ihr gehen. Meine Nichte meinte einmal, wenn die Sehnsucht zu groß ist, dann sollte man einfach in einem Lokal auf einen fremden Menschen zugehen und ihn ohne Ankündigung in seine Arme ziehen und abknutschen. Überfallartig. Ich halte den Gedanken einen Moment lang aufrecht, dann lass ich ihn wieder fallen. Sind es die Jahre, die mir diese Zweifel bereiten? 

 

Sie ist so schön wie Du, mein nächtlicher Engel und ihre Gegenwart ist so greifbar nah. Mich trennt nur dieses Stück Raum und eine Rückenlehne, doch scheint diese Entfernung tatsächlich viel weiter zu sein, als zu Dir. So ist das nun mal im Leben, höre ich mich klugscheißern; dabei bin ich nur zu eitel, mir allenfalls eine schallende Ohrfeige abzuholen. Ich streiche mit meinen Fingerkuppen über meinen eigenen Arm. Das habe ich schon als Kind oft gemacht; es beruhigt mich, wenn ich nicht weiß, etwas mit mir selbst anzufangen. Dann endlich räume ich meine Sachen zusammen und verabschiede mich von jedem einzelnen der Gemüter, die noch verblieben sind. Ich will nochmal ins Büro zurückkehren und im Internet nach einer kleinen Jolle suchen. Ich sollte das Segeln nicht verlernen, mein nächtlicher Engel. Als sich mein Blick mit dem ihren traf, da sah ich für einen kleinen Augenblick Dein Lächeln. Dann ging ich. Erst viel später werde ich erfahren, das ein anderer Sie begehrt. Ich lasse los, es fällt mir nicht schwer, denn ich begehre Dich.

 

© georgk., 23ter Februar 2006 

 

Brief X 

 

Es ist Frühling geworden in Berlin, mein nächtlicher Engel, spürst Du es, ich rufe es Dir aus den Tiefen meines Herzen zu. Als ich heute morgen aus den Träumen erwachte, da schien es orange durch meine Vorhänge. Ich beschloss, einfach nicht zur Arbeit zu gehen. 

 

Jetzt sitze ich im Cafe „An einem Sonntag im August“ und genieße das laue Treiben meiner Seele und meine Gedanken an Dich. Es wird Frühling und mein Begehren, Dich zu berühren, wächst mit jedem Brief, den ich schreibe und dem Sonnenstand, der Wohlempfinden verspricht. Nichts könnte unanständiger sein, als meine Gedanken zu Dir  in diesem Augenblick. Dein Bild vor Augen streiche ich sanft über Deine goldene Haut, Du Unberührbare. Könntest Du diese Zärtlichkeit ertragen? 

 

Wir sind unvollkommen, mein nächtlicher Engel. Nach all den Jahren muß ich es mir eingestehen. Wir sind voller Makel; wir spüren es, je älter wir werden. Doch genau diese Makel verleihen uns die Persönlichkeit, die wir einzig nur besitzen können. Die Liebe des anderen bleibt uns nur geliehen. Ich habe Kerzen entzündet. Ich wünschte, ich könnte mein Begehren zu Dir einfach über Bord werfen. Doch was bliebe von mir übrig? Die Entscheidung der Menschen, im Zölibat zu leben, nur einem einzigen Gedanken treu zu bleiben, ist eine ernst zu nehmende Überlegung. Man sollte es wahrlich nicht belächeln. Doch ich werde niemals so frei sein, diesen Schritt zu wählen. Ich bin zu schwach. 

 

Ich rauche zuviel. Ich strapaziere meine Kräfte. Ich verzehre mich. Aber es wird wieder einmal Frühling. Wortfetzen. Gedankenflüge. Stille. Rotwein. Haut. Eine handvoll Sehnsucht. Musik. Sternenstaub. Ich friere gerade ein wenig. Irischer Whiskey hilft manchmal. 

Wie könnte ich es Dir nahe bringen, diese Mischung von Gefühl? Du wirst Deinen eigenen Weg finden, mein nächtlicher Engel. Ich habe kein Recht auf Dein Verständnis, auf Deine Worte, Deine Tränen. Ich darf Dich nicht einmal begehren. So wahr meine Worte sein mögen, ich darf es nicht tun. Doch bist Du mir so nah, daß ich Dich beschützen kann. Mit all meiner Liebe, die ich aufrecht halten muss und auch besitze, will ich nicht an mir selbst scheitern. Aber kann ich mich auch vor mir selbst beschützen? 

 

© georgk., 23ter März 2006

Brief XI 

 

Es verrinnen mir die Worte, mein nächtlicher Engel. Alles in mir scheint schwächer zu werden. Ich warte nur noch auf den Moment, mit der die Gewalt über mich einbricht. Obwohl es Frühling sein müsste, ist die Temperatur unter Null Grad gefallen. Es entspricht meiner Stimmung. Könnte ich Dir doch nur einen einzigen Kuß abringen in diesem Augenblick, und die Nacht würde sein Gleichgewicht zurück gewinnen. Meine Gedanken streichen sanft über Deine zarten Lippen und fordern, dem Begehren Tribut zu zahlen. Doch da ist nichts, an dem ich Halt finden könnte in diesem Moment. Ich bin allein mit mir selbst. Nur die Gedanken bleiben und dieses Bild von ihr vor Augen. 

 

Wie viele Tage liegen diese Worte nun wieder zurück? Ich habe jedes Gefühl für die Zeit verloren; ich habe mich gnadenlos verrannt. Ich will tanzen und doch, es bleibt mir verwehrt. Ich kann nichts mehr sehen, mein nächtlicher Engel, kannst Du mich führen durch dieses Dickicht meiner Gefühle? 

Dein Mut alleine scheint mir verblieben. Hätte ich Deinen Zuspruch nicht, so könnte ich nicht mehr teilnehmen an dieser Welt, die mir so leer entgegen tritt. Meine selbst gewählte Einsamkeit erstrahlt in einem neuen Licht. Ich habe den Weg daraus einfach vergessen. 

 

© georgk., 25ter Mai  2006


 

Brief XII 

 

Ich trinke alkoholfreies Bier und einen irischen Tyrconnell, das ist ein Single Malt. Genauso spüre ich mich auch, mein nächtlicher Engel. Verzeih, ich hatte ein paar Tage nicht mehr mit Dir gerechnet. 

Draußen ist es Sommer geworden und die erste schwere Schwüle treibt mir den Schweiß aus den Poren. Als ich aus der grauen Diva zurück zum See kehrte, roch alles plötzlich nach Heimat, hast Du es auch gespürt? Es roch nach sommerlich modrigem Wald. Seit Weihnachten war ich nicht mehr dort gewesen, an den Gräbern meiner Eltern, in den Wäldern meiner Kindheit und den Gärten meiner wachsenden Sehnsüchte. Ich stelle mir den Odenwald ähnlich wie das Sauerland vor, in das ich geboren wurde. Mit den Wurzeln einer Mischung aus dem fröhlichem Rheinland und der melancholischen Ostsee. 

Endlich bin ich diesen Sommer wieder in den See hinein geschwommen und habe Dich mich spüren lassen, mein treuer Gefährte. Das laue Nass einer neuen Sommernacht ist mir über die Seele geschwappt. Es ist wie ein kleiner Befreiungsschlag. Ich habe Dich durch die Nacht hindurch gespürt. Es ist unser Sommer, mein geliebter Engel. Es sind unsere Sterne, die auf das Firmament aufgezogen sind. Die Nacht ist die unsere, daran hat sich nichts geändert, seit ich Dir begegnet bin. Doch meine Rufe werden eines Tages verblassen müssen. 

Das morgentliche und nächtliche Schwimmen im See kann meine Sinne beruhigen. Der Schmerz der zurückliegenden Ablehnung weicht der Schönheit Deines Bildnis. Die Einsamkeit gewinnt an Größe. Das ist nicht immer so. 

Ich verzettel mich zum Ende meiner Tage hin, Du Schöne. Ich habe Kerzen für uns entzündet, das Ritual gewährt mir eine gewisse Geborgenheit, die mir ansonsten fehlt. Ich fühle mich angreifbar. Ich sehne mich zu Dir, Du Geheimnisvolle, doch spüre ich bereits wieder den Verlust. Es scheint mein Schicksal zu sein. Ich habe die Augen geschenkt bekommen, das Schöne zu entdecken, doch bin ich selbst nicht gerade mit diesem Attribut gesegnet. Deine Lächeln kann ich preisen, doch tanzen muß ich alleine. 

Ich habe das Gefühl, das erste Mal in meinem Leben ernste Depressionen bekommen zu können. Es wird Zeit, der Wahrheit zu begegnen, doch weiß ich nicht, was das tatsächlich ist! Nur eines weiß ich mit Bestimmtheit, die letzte Wahrheit wird mein Ende sein. Das sind die Phasen, in denen ich mich in Drogen rette. Ein Mensch, der den größten Teil seiner Zeit mit sich selbst verbringt, mag dazu neigen. Die Flucht vor Verantwortung in die eigenen Träume. In diesem Rausch nenne ich Dich wirr mit den Namen meiner nicht geborenen Töchter, im Dialog mit den eigenen Gedanken verstrickt. In diesen Stunden bin ich maßlos und Du solltest Dich fern von mir halten. 

 

Die Nähe zu dem See lindert all diese Augenblicke wieder und ich kann mich für ein paar Stunden in Dir wiederfinden. Dein Lächeln schenkt mir Kraft, aus dem dumpfen Rausch heraus zu treten und nach einer stillen Nacht mein Tagwerk doch wieder zu schaffen. 

Goldorange geht die Sonne in diesem Moment auf, mein nächtlicher Engel. Ich trinke meinen Milchespresso und lasse die Strahlen auf mein Gesicht regnen. Der Sommer verspricht diesmal besonders schön zu werden, denke ich. Die Nacht war kurz, doch der See wird mir gleich die Frische in die Seele treiben. Vor dem heutigen Tag fürchte ich mich nicht. Denn schon heute Abend werde ich wieder Ausschau nach Dir halten und Deine Nähe suchen, Du Wachtraum meiner Sehnsucht. Das ist die ganze Melancholie des Sommers. Das bin ich. 

 

 

© georgk., 3ter Juli  2006

 

Brief XIII

 

Es ist Ende August geworden und der Sommer senkt sich zur Neige, mein nächlicher Engel. Regentropfen prasseln auf das Dach meines Bastei und vermischen sich mit der Musik von Jan Gabarek. Nachdem ich aus dem See gestiegen bin habe ich mir dicken Socken übergezogen und trinke heißen Tee und suche nach Worten zu Dir, Du stille Vertraute. Eine fast nichtspürbare Heiterkeit hat von meiner melancholischen Seele Besitz ergriffen. Ich fühle eine seltsame Stimmung in mir aufsteigen und kann sie nicht recht deuten. Da geht er hin, dieser Sommer, denke ich und drehe eine Zigarette. Wie die Zeit nur flieht, kannst Du es auch spüren? 

Und dennoch, eine unmerkliche Freude breitet sich in mir aus. Es ist der 13te Brief an Dich, den ich tief aus meinem Innern hervorbringe. Es ist unsere Zahl, die Dreizehn, Du weist es. Sogar diese Zahl verbindet uns. Es ist etwas ganz Besonderes, so, wie unsere Begegnung etwas ganz Besonderes geworden ist in all dieser vergangenen Zeit. In dieser Spanne, in der ich Deine Nähe entdecken durfte, muß etwas in mir geschehen sein, dessen Ausdehnung nicht mehr in Worte gekleidet werden kann. Doch will ich es versuchen mit diesem Brief, so, als wäre es der letzte, der mir verbleibt. 

Ich sehe der Zeit zu, wie sie zu fliehen sucht. Lange bin ich ihr wohl vergeblich hinterher gerannt. Doch mit Dir sind meine Schritte immer langsamer geworden, bis ich mir plötzlich gewahr wurde, dass ich angehalten habe und mich umschaue. Das ist wie mit dem Wein und dem Wasser, verstehst Du? Zuviel von einem und ich verliere mich. 

Mit der zurück gewonnenen Enthaltsamkeit haben die Träume zu mir zurück gefunden, oder zumindest, ich kann mich plötzlich wieder an den einen und anderen erinnern, wenn ich nachts aus dem Schlaf hochschrecke. Lange Zeit glaubte ich, traumlos die Nächte zu durchwandern, betäubt und erschöpft, nur mit den Gedanken an Dich behaftet; vielleicht ist es auch so gewesen. Doch nun sehe ich die Bilder meiner Eltern wieder und die Unbarmherzigkeit der Schmerzen wird wieder fühlbar. Ich war sicher, ich hätte sie auf meinem Weg längst verloren. 

All dies vollzieht sich ganz langsam und unmerklich still mit diesem herrlichen Sommer, der uns nun bald wieder verlassen wird. Meine ewig jungen Tagträume; wie müde habe ich meine eigene Situation beobachtet und der Wunsch, aus diesem Alltag auszubrechen, wuchs mit jedem Herzschlag bis in die Gefangenschaft der eigenen Gedanken. Zu welch einem Selbstbetrug man fähig ist, mein nächtlicher Engel, man möchte es garnicht wahr haben. 

Ich ließ mich lange Zeit nur Treiben, so dachte ich. In gewisserweise stimmt dies wohl auch. Doch anstatt der Sehnsüchte die Farben zu reichen, die in einem so verkehren, wurden nur die Weine und Käselaiber immer teurer und besser und das nur, um sich an keinen Traum mehr erinnern zu müssen und seinem Lebensunterhalt nachkommen zu können; erst die Arbeit, dann das Vergnügen, das Leben duldet keinen Widerspruch. Irgendwann schafft Du auch das nicht mehr. 

Wie gesagt, das ganze Ausmaß dessen lässt sich nicht wirklich erzählen. Doch früher oder später erreicht man so einen Punkt des Selbstbetruges, an dem es offensichtlich nicht mehr weitergeht. Dann fügt man sich dem Schicksal unaufhaltsam, oder stellt sich dem entgegen. Ich habe mein Schicksal extrem strapaziert, geradzu herausgefordert und ich bin überrascht, welch ein unglaubliches Schweineglück ich dabei hatte. Ja, so muss ich es wohl ausdrücken. Ich hatte ein verdammtes Glück. 

Die beiden Herren sind satt und schnurren. Ich bin unausgefüllt. Ich werde heute barfuß über die Tartanbahn laufen, da ich meine Schuhe am See vergessen habe. Aber ich will laufen. Ich möchte mein Gefühl davon tragen können. Du bist fort, sagt mir meine Sehnsucht, Du hast mich schon längst verlassen. So ist es recht, wenn ich mit dem Schreiben ende und nur noch die letzten Bilder zeichne. Kennst Du das, wenn Dir die Worte verloren gehen? Ich lächel. Herr Hanniball schnurrt; schwarzer Tiger auf schwarzem Boden. Es wird Zeit für mich, meinen Weg einzuschlagen. Lass es Dir gut ergehen, mein nächtlicher Engel. Meine Liebe wird niemals eine Zierde sein, dessen sei Dir gewiss. Ich küsse Deine schamhafte Haut, ein letztes mal;

schenk mir 

noch einmal 

Dein Lächeln.

 

 

© georgk., 27ter August  2006

 

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